Impedanzverlauf
Maßgeschneidertes Audio-System für den Kurzwellen-Arbeitsplatz der Amateurfunk-Clubstation DK0TU
Motivation hierfür: Unser hochwertiger Kurzwellen-TRX, ein FlexRadio 6700, macht mit 08/15-PC-Speakern nur wenig Spaß. Außerdem wird das Shack auch als Lern- und Arbeitsraum sowie zum sozialen Austausch genutzt, was eine ordentliche Abhörmöglichkeit für Musik verlangt. Die Rahmenbedingungen: Es soll ein System sein, was nicht noch mehr Platz von dem sowieso schon knapp bemessenen Arbeitsplatz wegnimmt, aber dennoch gut klingt. Da liegt natürlich ein 2.1-System nahe, bei dem die Boxen für den oberen Bass- und Mittel-/Hochtonbereich recht klein ausfallen können und der Subwoofer einfach unter den Tisch wandert, ohne groß im Weg rumzustehen. Die Entzerrung des Gesamt-Systems soll software-basiert direkt auf dem PC des Arbeitsplatzes passieren.
Die Wahl für die Lautsprecher für den Frequenzbereich ab 100 Hz fiel auf die „Presonus Ceres 3.5 BT“, ein aktives Lautsprechersystem, was für den Einsatz in kleinen Homerecording-Studios vorgesehen ist. Die Boxen von Presonus sind mir bei diversen Hörvergleichen schon mehrfach positiv aufgefallen, da sie es schaffen, hervorragend klingende Studiomonitore für vergleichsweise wenig Geld zu bauen. Praktischerweise hat(te) das Musikhaus Thomann die Ceres-Boxen für 99 €/Paar in den Hot-Deals.
Beim Subwoofer habe ich mich bei aktiven Kisten für den Car-HiFi-Einsatz umgesehen, weil hier meistens weich aufgehängte, langhubige Treiber, die im Nahfeld ordentliche Pegel liefern, zum Einsatz kommen. Zudem können sie direkt mit 12V-DC versorgt werden. Praktisch, da wir eine fest installierte 12V-Spannungsversorgung aus potenten 120 Ah-Akkus an jedem Arbeitsplatz bereits haben. Die Wahl fiel letztlich auf einen Raveland „BOOM 80A“, den ich als B-Ware bei eBay für kleines Geld abräumen konnte. 8-Zöller, kleines Gehäuse, Langhub-Treiber, Trennfrequenz und Phase stufenlos (wichtig!) einstellbar.
Mechanisch befestigt sind die Presonus mit zwei von mir angefertigten Aluminium-Winkeln und zwei Stützen: bei der linken Box der Regal-Spacer, an den auch der RigRunner angeschraubt ist (den habe ich ein paar cm tiefer gelegt), bei der rechten Box ein kleines Stück Kunststoffrohr, was zwischen die beiden Regal-Beine eingesteckt wird. So sitzen die Boxen genau links und rechts neben dem Monitor und brauchen keine Stellfläche auf dem Tisch. Das Audiosignal kommt direkt aus der Soundkarte vom PC, der Subwoofer erhält sein Signal über den praktischerweise vorhandenen Sub-Pre-Out der Presonus-Boxen. Der Subwoofer wird rechts unter den Tisch gestellt. Praktischerweise hat er eine schräge Rückwand, sodass ich ihn sehr weit nach hinten schieben konnte, ohne mit den Verstrebungen des Tisches zu kollidieren.
Entzerrt und optimiert wird das ganze System am PC mit der Windows-Software „Breakaway Live“ (Abbildung 1), einem Derivat einer hervorragenden Soundprocessing-Software für den Rundfunk. Die Software erhält das Audiosignal aus der jeweiligen Anwendung über eine (mitgelieferte) virtuelle Soundkarte („Breakaway Pipeline“), die als Standard-Audiogerät in Windows eingestellt ist und jede beliebige Audio-Anwendung darauf ihren Sound ausspielen kann.
Abbildung 1: Hauptfenster von Breakaway Live
Der in dieser Software enthaltene Lautsprecher-EQ wird mit einem Rosa Rauschsignal und einem Handheld-Audio-Analyzer (t-Meter MPAA1) eingestellt. Vor allem der untere Mittenbereich und der Super-Hochtonbereich sind bei den Presonus-Boxen etwas schwach ausgeprägt. Auch stört (vor allem bei der linken Box wegen der wandnahen Positionierung) eine starke Überhöhung um 160 Hz. Die rechte Box wiederum hat durch die freiere Positionierung etwas andere Verfärbungen, die mit der Software kanalunabhängig kompensiert werden können. Der Subwoofer wird im Pegel und der Trennfrequenz zunächst so angeglichen, dass sich ein ebener Frequenzgang im Übergangsbereich (bei ca. 100 Hz, denn da liefern die Ceres keinen nennenswerten Pegel mehr) ergibt. Die Phase wird eingestellt, indem ein reiner 100 Hz-Sinuston gespielt und die Phase mit dem Phasenregler verschoben wird, bis der Handheld-Audio-Analyzer den größtmöglichen Gesamt-Schalldruckpegel am Hörerplatz anzeigt. Auffällig und problematisch ist die extreme Überhöhung bei ca. 50 Hz, die aus einer heftigen Eigenfrequenz des Raumes resultiert. Daher wird mit dem parametrischen EQ hier eine (sehr tiefe und steilflankige) Senke mit -18 dB eingestellt, die dies etwas abzudämpfen versucht. Alle diese Optimierungen im EQ (Abbildung 2) führen letztendlich zu einem (nahezu) geraden Frequenzgang am Abhörplatz bis 50 Hz (Abbildung 3) hinunter.
Abbildung 2: EQ-Einstellungen
Abbildung 3: Frequenzgang am Abhörplatz
Der durch die große Resonanz bedingte Nachhall verändert den Klangcharakter leider dahingehend, dass der Bass etwas träge und unkontrolliert erscheint. Dies ließe sich nur durch relativ aufwändige raumakustische Optimierungsmaßnahmen in den Griff bekommen, was für unsere Zwecke, hauptsächlich dem Abhören von schmalbandigem Sprechfunk, jedoch unverhältnismäßig wäre. In der Kunst gibt es ebenso den Ansatz, eine nicht ganz so perfekte Stelle entweder zu kaschieren, oder sie bewusst zu betonen. Für letzteres habe ich noch ein zweites EQ-Preset ohne die steile Absenkung bei 50 Hz erstellt, die die Eigenfrequenz des Raumes bewusst anregt und für richtigen Spaß, besonders bei dem Abhören elektronischer Musik, sorgt (Abbildung 4).
Abbildung 4: Frequenzgang am Abhörplatz ohne Bedämpfung der Raummode
Der Subwoofer wurde weiterhin messtechnisch untersucht, um herauszufinden, in welchen Frequenzbereichen seine Arbeitsbereiche liegen. Hierzu wird eine Messung der Stromaufnahme mit einem Multimeter (Extech EX330) gemacht, während mit einem Funktionsgenerator Sinus-Frequenzen im Frequenzabstand von 2 Hz auf den Signaleingang gegeben wird. Die resultierenden Stromaufnahme-Werte werden in erster Näherung unter Annahme einer idealen Spannungsquelle (Eingangsspannung konstant bei 13,8 V) in Impedanzwerte umgerechnet und in ein Diagramm über der Frequenz aufgetragen (Abbildung 5).
Abbildung 5: Impedanzverlauf Subwoofer
Besser wäre es natürlich, die Stromaufnahme des Treibers direkt zu messen, jedoch müssten dann Eingriffe in das Gehäuse gemacht werden, um das Multimeter in die Strommessung einzuschleifen. Auch hat der Treiber eine Doppelschwingspule, was den Messaufbau etwas komplizierter machen würde. Daher habe ich einfach die Gesamt-Stromaufnahme des Aktivmoduls gemessen, was die Werte insbesondere der unteren Resonanzfrequenz verfälscht, da hier hauptsächlich die Leerlauf-Stromaufnahme (von etwa 60 mA) gemessen wird. Trotzdem erkennt man den charakteristischen Impedanzverlauf einer Bassreflex-Box recht genau. Das Impedanzminimum bei etwa 50 Hz stellt die Tuning-Frequenz des Bassreflex-Resonators dar. Die Maxima links und rechts davon sind zwei Resonanzfrequenzen des gesamten Systems, die unterschiedliche Extremzustände darstellen. Das linke Maximum bei etwa 30 Hz steht für den Zustand des akustischen Kurzschlusses – der Tieftöner und der Bassreflex-Resonator arbeiten gegenphasig und löschen ihre generierten Luftdruckschwankungen gegenseitig aus. Es entstehen folglich keine fortschreitenden Wellen und damit kein hörbarer Schalldruck mehr. Ab dieser Frequenz lässt sich der Subwoofer also nicht mehr einsetzen und sollte mit einem Hochpassfilter entkoppelt werden. Dieser wird in der Breakaway-Software sicherheitshalber auf 40 Hz eingestellt. Das rechte Maximum bei etwa 60 Hz stellt die obere Resonanzfrequenz des Gesamtsystems dar, an dem die beiden Schallquellen (Tieftöner und Bassreflex-Resonator) in Phase spielen und somit ihre Schalldrücke addieren. Bei dieser Frequenz ist der Subwoofer am effektivsten, da er die wenigste Anregungsleistung benötigt, um fortschreitende (hörbare) Schalldruckschwankungen zu generieren.
Als letztes werden weitere kleine Optimierungen vorgenommen. Zum einen wird der aufgrund des Regal-Abmaßes vorgegebene relativ geringe Abstand beider Boxen zueinander mit dem in Breakaway integrierten Stereo-Enhancer kompensiert, und so das Stereo-Panorama auf die richtige Basisbreite virtuell verbreitert. Die getroffenen Einstellungen sind in Abbildung 6 ersichtlich.
Abbildung 6: Einstellungen des Stereo-Enhancers
Zum anderen ist mir aufgefallen, dass der rechte Lautsprecher, vermutlich aufgrund von Serienstreuungen, etwa 2 dB lauter spielt. Auch hierfür hat Breakaway Live Möglichkeiten, dies zu kompensieren (Abbildung 7).
Abbildung 7: Pegelkorrektur L/R-Balance
Die Höreindrücke des optimierten Gesamt-Audio-Systems sind durchweg positiv. Bei einigen QSOs auf 20m ist mir direkt aufgefallen, dass es nun sehr offensichtlich hörbar ist, wer eine saubere und klare Modulation auf dem Band hat, und wer nicht. Die Sprachverständlichkeit ist hervorragend, sodass keine großen Abhörpegel nötig sind, was wiederum das Gehör nicht so sehr anstrengt, und ein entspanntes Funken, auch über einen längeren Zeitraum, bedeutet. Bei Musikwiedergabe löst sich der Klang recht gut von den Boxen, was auf eine gelungene Abstimmung der Komponenten untereinander hindeutet. Behält man im Hinterkopf, dass das gesamte Audio-System nicht mal 150 € gekostet hat, ist es schon erstaunlich, wie viel Klang man mit ein wenig Know-How aus vergleichsweise günstigen Komponenten herausholen kann. Job done!
73, Max DK9GD