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Die Wurzeln des Amateurfunks an der TU Berlin – Eine Reise in die Vergangenheit

Wenn wir heute an Amateurfunk denken, dann verbinden wir damit oft ein faszinierendes Hobby, das Technikbegeisterte weltweit verbindet. Doch wie viele wissen eigentlich, dass die Ursprünge des Amateurfunks an der Technischen Universität Berlin (damals Technische Hochschule Charlottenburg) bis in die 1920er Jahre zurückreichen? Dank der akribischen Nachforschungen von Uwe (DL2SWR) haben wir spannende Einblicke in die frühen Jahre des Funkbetriebs an der TU gewinnen können.

Der Beginn einer Ära: Die 1920er Jahre

Die 1920er Jahre waren eine aufregende Zeit für die drahtlose Kommunikation. Uwe berichtet, dass zahlreiche Hochschulen in Europa zu dieser Zeit Funkstationen einrichteten, um die Möglichkeiten der “Drahtlosen Telegraphie und Telephonie” zu erkunden. Auch an der TH Charlottenburg gab es eine solche Funkstation.

Eine der ersten Erwähnungen des Amateurfunks an der TH stammt aus dem Jahr 1927, als in der Zeitschrift “Radio für Alle” (Heft 7 von 1927) eine “Rufzeichenliste der von der DRP [Deutsche Reichpost] genehmigten privaten Funksendeanlagen” erschien. Uwe präzisiert: “«Privat» ist hier als relativ anzusehen; neben wirklichen Privatpersonen, sind hier Radio-/Funkvereine wie auch viele Schulen/Hochschulen und auch Institutionen und Forschungseinrichtungen [aufgeführt].”

Dort wird bereits das Rufzeichen “EK4ACX” genannt, was auf einen experimentellen Funkbetrieb hindeutet. In der selben Liste werden Vorgänger-Rufzeichen angegeben, welche aus einem Buchstaben plus einer Ziffer bestehen. Die Liste weist für die TH das Vorgängerrufzeichen “C6” aus. Diese Art Rufzeichen (1 Buchstabe + 1 Ziffer) waren die allerersten in Deutschland und wurden seit 1924 vergeben.

Uwe zeigt eine Rufzeichenliste von ca. 1925, in der C6 (noch) nicht vergeben war. Wir schließen daraus, dass C6 nach 1925 vergeben worden sein muss:

Rufzeichenliste von ca 1925. Das Rufzeichen C6 ist noch nicht vergeben. Rufzeichenliste von ca 1925. Das Rufzeichen C6 ist noch nicht vergeben.

Von EK4ACX zu D4ACX – Die Evolution der Rufzeichen

Die Vergabe der Rufzeichen unterlag in dieser Zeit mehreren Änderungen. 1925 wurde das deutsche Landeskennzeichen “K” eingeführt, wodurch aus “C6” das Rufzeichen “K4ACX” wurde. 1927 folgte die europaweite Präfixanpassung mit “E”, sodass aus “K4ACX” schließlich “EK4ACX” wurde. 1929 wurde dann eine weltweite Vereinheitlichung beschlossen, wodurch das heutige deutsche “D”-Präfix entstand – und somit wurde “D4ACX” offiziell registriert.

Ein Operator E. Reiffen gab die Aufnahme des Funkbetriebes zum 20. Januar 1929 unter diesem Rufzeichen (D4ACX) im Heft 8/1929 des “Funkbastler” bekannt:

Annonce im Heft "Funkbastler", welche den Betriebsstart von D4ACX zum 20. Januar 1929 ankündigt. Annonce im Heft “Funkbastler”, welche den Betriebsstart von D4ACX zum 20. Januar 1929 ankündigt.

Auch das Callbook der ARRL aus dem Jahr 1932 enthält einen Eintrag, der die Existenz dieser frühen Funkaktivitäten bestätigt.

ARRL Callbook von 1932 mit dem Eintrag D4ACX für die Technische Hochschule Charlottenburg. ARRL Callbook von 1932 mit dem Eintrag D4ACX für die Technische Hochschule Charlottenburg.

Interessanterweise gab es neben D4ACX auch ein weiteres Rufzeichen im Umfeld der TH Charlottenburg: “K4ACY” (später “D4ACY”), das der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Charlottenburg zugeordnet war. Folglich war auch die heutige Physikalisch-Technische-Bundesanstalt (auf dem Campus bekannt wegen ihrer sehr guten “PTB-Mensa”) recht früh im Amateurfunk aktiv.

Zwischen Drittem Reich und Vereinsgründung

Zu den weiteren Aktivitäten der Station D4ACX, insbesondere vor dem Hintergrund des NS-Regimes und des Dritten Reiches, haben wir leider keine Informationen. Falls jemand uns hierzu Information geben kann: Wir sind sehr daran interessiert.

Die TH Charlottenburg hat in dieser Zeit bekanntlich schon sehr früh auf Seiten des Nazistaates gestanden und eifrig die rassische und politische Bereinigung ihrer Mitglieder (Lehrpersonal, wie auch Studierende) durchgeführt. Auch das Projekt einer “Wehrtechnischen Fakultät” wurde durch die TH nicht nur akzeptiert, sondern auch getragen.

Weitere Infos hierzu hat die “Gesellschaft der Freunde der TU-Berlin” in einer sehr guten Festschrift zu ihrem 100-jährigen Bestehen veröffentlicht.

1970er-Jahre bis in die Gegenwart

Der aktuelle Funkclub heißt AFuTUB und besteht seit 1972. Er hat die Form einer sogenannten “Registrierten Vereinigung” und steht allen Mitgliedern der TU Berlin (Studierenden, Mitarbeitende), ihren Alumni, sowie Studierenden des Landes Berlin offen.

Soweit wir wissen, ist die Station seit Gründung unter dem Rufzeichen DK0TU QRV. Uns liegt ein Brief der Landespostdirektion Berlin vom 04.01.1972 vor. In diesem wird das Rufzeichen DK0TU zugeteilt. Die Landespostdirektion teilt mit, dass vom Rufzeicheninhaber ab dem 01.01.1972 monatlich ein Betrag von “3.- DM” durch die Rundfunkabrechnungsstelle eingezogen werde.

Ein weitere interessanter Fund aus unseren Archiven ist ein Brief des Vorsitzenden Jörn Reimann an den damaligen Berliner Senator für Wissenschaft und Kunst, W. Stein, datiert auf den 21.07.1972: Zum SoSe 1972 hatte der Club 25 Mitglieder, von denen 23 TU-Studies waren, ein Technischer Mitarbeiter und ein Studi von der Gaußakademie. Jörn berichtet weiterhin, dass für 10 nicht-lizensierte Mitglieder ein Vorbereitungskurs auf die AFu-Prüfung durchgeführt werde.

QSL-Karte 1979, Vorderseite

QSL-Karte 1979, Rückseite Alte QSL-Karte der Station DK0TU von 1979. Sie bestätigt ein QSO mit WB4YJF

Während wir für die Jahre 1972 und 1973 viele Briefe und zahlreiche Protokolle vorliegen haben – man traf sich offensichtlich häufiger zu Versammlungen, als wir es heute tun – nimmt die Anzahl der Dokumente in der Folgezeit deutlich ab: Uns liegen einige Protokolle, sowie vereinzelte Schriftwechsel vor.

Heute

Der Club versteht sich als einen Ort aktiven Amateurfunks vor allem für seine jungen, studentischen Mitglieder. Wir sind durch unsere regelmäßige Teilnahme an Uni-weiten Events, wie z.B. der Langen Nacht der Wissenschaften, sowie unsere Lehr-Kooperationen mit dem Fachgebiet Hochfrequenztechnik (Amateurfunkkurs, Radioastronomie) und dem Fachgebiet Raumfahrttechnik (Satellitenkommunikation) ein bedeutender Bestandteil der Campuskultur. Der Amateurfunkkurs der AFuTUB ist ein gefragtes Modul des Lehrangebots der Universität. Im Wintersemester 2024/25 nahmen über 70 Studierende an ihm Teil.

AFuTUB unterhält mit Unterstützung der TU eine Clubstation (DK0TU) im 9. Stock des Hauptgebäudes, welche für alle üblichen Amateurfunkbändern von 160m bis 70cm ausgestattet ist. Unsere Mitglieder gehen dabei sehr unterschiedlichen Interessen nach: Von QSOs auf Kurzwelle, über Satelliten-Kommunikation und Conteste, bis hin zum Experimentieren mit neuen Betriebsarten ist alles dabei.

Danksagungen

Wir danken Uwe (DL2SWR) herzlichst für die Recherchearbeit und dass er diese Informationen mit uns geteilt hat. Er hat den Auslöser gegeben, diesen Artikel zu schreiben.

Vielen Dank und vy73 de DK0TU.

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